Töchter Haitis

1954 erschien der Erstling der in Port-au-Prince geborenen Autorin (1916-1973) und liegt hier in der deutschen Erstübersetzung vor. Erzählende Hauptperson ist Lotus, hellhäutige Mulattin, die aufwächst mit dem Makel, Tochter einer Prostituierten Töchter Haitis zu sein, dadurch trotz ihres gegenüber der schwarzen Bevölkerung gehobenen Standes immer am Rande der "guten Gesellschaft" stehend - und voller Vorwürfe der Mutter gegenüber, die ihr dieses Leben zumutet. Erst lange nach dem frühen Tod der Mutter erfährt Lotus, dass diese sich geopfert hatte, um für Lotus eine finanziell abgesicherte Zukunft zu erschaffen. Aus einem flatterhaften lebenslustigen Teenager wird eine zunehmend nachdenkliche junge Frau, die mit offenen Augen Leid und Elend insbesondere der Schwarzen Haitis erkennt, die Ungerechtigkeiten und das erbärmliche Leben der Armen, besonders auch der Frauen. Ihre schwer erkämpfte Liebe zu einem oppositionellen Anführer, der Konflikt, den Mann für sich allein zu gewinnen oder gemeinsam für ein besseres Leben aller zu streiten, die dramatischen Entwicklungen, die den Hass der Schwarzen gegen die Mulatten schüren, die sie auch am eigenen Leibe zu spüren bekommt - und der tragische Tod des Geliebten stellen Lotus immer wieder vor verzweifelte Entscheidungen. Schließlich findet sie Erfüllung und Seelenfrieden, indem sie Herz und Haus für die vielen verlorenen Kinder öffnet und ihnen so eine Zukunft schenkt. Mit vielen informativen Anmerkungen und einem Nachwort zu Geschichte, Politik und Entwicklung Haitis ein grandioser Roman für Lesende mit Anspruch.

Elisabeth Bachthaler

Elisabeth Bachthaler

rezensiert für den Sankt Michaelsbund.

Töchter Haitis

Töchter Haitis

Marie Vieux-Chauvet ; aus dem Französischen übersetzt von Nathalie Lemmens
Manesse Verlag (2022)

281 Seiten
fest geb.

MedienNr.: 751198
ISBN 978-3-7175-2550-9
9783717525509
ca. 28,00 € Preis ohne Gewähr
Systematik: SL
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