Maud Martha
"Maud Martha", der einzige Roman der ersten farbigen Pulitzerpreisträgerin Gwendolyn Brooks, erschienen 1953, liegt hier erstmals in deutscher Übersetzung vor. Endlich - muss man sagen! In 34 Kapiteln erzählt die Autorin autobiografisch gefärbte kleine alltägliche Erlebnisse; von der Kindheit über die Jugendzeit bis ins Erwachsenenalter begleitet der Leser die Protagonistin Maud Martha. Dass Gwendolyn Brooks eigentlich Lyrikerin ist, merkt man an vielen Stellen, wenn sie zart, luftig, leicht, unbeschwert, lyrisch die blühende Löwenzahnwiese, den Schulhof vor Unterrichtsbeginn, die Rivalität mit ihrer Schwester Helen, das Leben der jungen Ehefrau, Schwangerschaft und Geburt, die Einfachheit der ersten kleinen Wohnung in Szene setzt. Vieles mag Brooks selbst erlebt und erfahren haben - besonders den Rassismus im Denken und Handeln der Amerikaner. Und so zieht das Leben vorbei, das Leben einer einfachen Frau aus einfachsten Verhältnissen, die es nie im Leben zu etwas bringen wird. Das einfache Leben einer schwarzen Familie, das sich in der Zwei-Zimmer-Klein-Wohnung abspielt. Hier leben die Menschen, die es trotz vieler Träume nicht in die Viertel der Weißen schaffen, ärmlich, jeder von seinen eigenen Schicksalsschlägen getroffen. Wie nebensächlich wird im Frisiersalon über das Wort "Nigger" diskutiert. So entsteht eine Idylle mit bitterbösen Flecken, dennoch reich, wenn man sich mit Bescheidenheit zufriedengibt. Ein wichtiges Buch. Auch heute noch aktuell. Nachdrücklich empfohlen.
Wilfried Funke
rezensiert für den Sankt Michaelsbund.
Maud Martha
Gwendolyn Brooks ; aus dem amerikanischen Englisch übersetzt von Andrea Ott
Manesse Verlag (2023)
153 Seiten
fest geb.