Alef
Maja Pagel wächst in Rostock in der ehemaligen DDR auf. Als die Mauer fällt, setzen sich ihre Eltern sofort ins Auto und fahren mit ihr nach Hamburg, wo Tante Susi lebt. Nach dem Abitur studiert sie in Berlin. Als Maja und Eitan aufeinandertreffen, ist es sofort die ganz große Liebe. Eitan ist Jude und seine ewige und einzige Heimat ist Israel. Eitans Großmutter Bella und deren Bruder Sigi sind in Deutschland aufgewachsen und wurden nach Theresienstadt und Auschwitz deportiert. Eitan zieht nach Berlin und anfangs ist alles schön. Bald aber fühlt er sich nicht mehr wohl in dem Land, das ihn bei einem Schüler-Austauschprogramm so beeindruckt hatte. Als er bei einem Besuch bei Tante Susi, die inzwischen mit dem rechtsradikalen Roland zusammenlebt, eine Fahne mit einem Hakenkreuz an der Wand sieht, wird ihm auch erstmals bewusst, auf welcher Geschichte ihr Leben aufbaut. Über Täter- und Opfervolk und die Traumata, die sich über Generationen ziehen, kriegen sie sich immer öfter in die Haare. Und er begreift, sein Land ist nicht Deutschland, sondern Israel, wohin er nach zwei Jahren zurückgeht. Maja folgt Eitan nach Tel Aviv, hat aber große Probleme mit der jüdischen Lebensweise und der hebräischen Sprache, sie fühlt sich nicht zugehörig, entwurzelt. Als Eitan von seiner großen Liebe verlangt, dass sie Jüdin wird, muss sie sich entscheiden: Liebe in der Fremde oder Zugehörigkeit in der Heimat. - Kompromisslos, vielschichtig und bewegend widmet sich die in Rostock geborene und jetzt in Tel Aviv lebende Katharina Höftmann Ciobotaru in ihrem brillanten Familienroman den Themen Liebe, Herkunft, Heimat, Schuld, schwierigen Orientierungsversuchen und zweier miteinander in Hoffnung und Leid verbundenen Völkern. Die Autorin erzählt in suggestiver Bildersprache und mit psychologisch überzeugend gezeichneten Figuren eine atmosphärisch dichte emotionale und sensible Familien-, Liebes- und Völkergeschichte. Sehr empfehlenswert und für alle Büchereien gut geeignet.
Günther Freund
rezensiert für den Sankt Michaelsbund.
Alef
Katharina Höftmann Ciobotaru
Ecco (2021)
414 Seiten
fest geb.