Die Alleinseglerin

Dieses Buch ist eine Wiederentdeckung. Christine Wolter, 1939 in Königsberg geboren, in der DDR aufgewachsen und dort als Lektorin beim Aufbau Verlag tätig, publizierte dort 1982 ihren ersten Roman „Die Alleinseglerin“, der sofort ein Bestseller Die Alleinseglerin wurde, als Lizenzausgabe auch in der Bundesrepublik Deutschland erschien und 1987 in der filmischen Adaption von Hermann Zschoche ebenfalls in beiden Teilen Deutschlands zum Publikumserfolg wurde. Da lebte die Autorin bereits in Italien, und von da aus geht in dem nun wiederaufgelegten Roman die Erinnerung der Ich-Erzählerin Almut, die viel mit der Autorin gemeinsam hat, zurück in die DDR. Wir lernen sie als Einzelkindmutter ohne schlechtes Gewissen, als Wochenenddoktorandin auf der Suche nach dem emanzipierten Menschenbild in der frühbürgerlichen Literatur kennen - und als Erbin eines Drachen, den sie liebt und zu pflegen sucht an den märkischen Seen. Lösen, Fieren, Dichtholen, das alles lernt sie bereitwillig in einer Männerdomäne. Doch nicht mit dem Kielboot kreuzen allein ihre Gedanken, das ist nur der Windmacher. Wolters Roman segelt sozusagen mit einer selbstbewussten weiblichen Ankunftsliteratur. Sie stellt große Fragen zur Freiheit der Frau mit einer Leichtigkeit, die selten ist in der Literatur: Warum das Spätere das Früher enthält, ob Geschichten gegen oder für Heimweh besser sind, wo der Vater steckt, ein DDR-Architekt, der die Stalinallee, die heutige Karl-Marx-Allee, konzipierte, und was am Ende von der Geschichte vom Segeln bleibt: kein Lehrstück, kein Gleichnis, sondern eine erzählenswerte Erinnerung, die in vieler Hinsicht offen bleibt. Sehr empfehlenswert.

Michael Braun

Michael Braun

rezensiert für den Borromäusverein.

Die Alleinseglerin

Die Alleinseglerin

Christine Wolter
Ecco (2022)

205 Seiten
fest geb.

MedienNr.: 612370
ISBN 978-3-7530-0073-2
9783753000732
ca. 22,00 € Preis ohne Gewähr
Systematik: SL
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