Nur eine weitere Geschichte
Der Titel des Debütromans der australischen Journalistin ist Programm. Denn die aufklärende Geschichte, die die Protagonistin, die Journalistin Suzy Hamilton, über die verlogenen Machenschaften der Wellness-Bloggerin Tracey Doran verfasst, ist nur
eine von vielen gut recherchierten Geschichten in ihrer langjährigen Tätigkeit bei einer Zeitung in Sydney. Doch dann begeht die junge Bloggerin Suizid und Suzy erhält seltsame Briefe und Beschimpfungen, nicht nur im Netz. Sie fühlt sich mitschuldig am Tod der jungen Frau. Und dann tritt Traceys Mutter Jan in Suzy Leben und verlangt, dass sie das Leben ihrer Tochter nochmals anders beschreiben soll. Die Journalistin lässt sich auf das schwierige „Schreibprojekt“ ein, denn sie braucht das Geld für sich und ihre kleine Tochter, da sie nach einer Affäre mit dem Chef ihren Platz bei der Zeitung räumen musste. Die beiden unterschiedlichen Frauen lernen bei der neuen Erzählung von Tracys kurzem Leben einander verstehen und Suzy findet Erleichterung durch diesen Akt der Wiedergutmachung. Und auch Jan ist nicht ohne Schuld. Zwischen Schuld, Scham, Wut und ihren Fragen als alleinerziehende Mutter mäandert Suzy mit ihren Gefühlen durch den heißen Sommer in der Stadt. Partnerprobleme und Geldsorgen quälen sie außerdem. Reflektierende Gedanken einer Enddreißigerin um alltägliche Probleme, wie dem Kind gerecht zu werden, eine verlässliche Arbeitsstelle zu finden und auch den richtigen Partner kennenzulernen, füllen etwas zu langatmig fast 500 Seiten. Dennoch durchaus lesenswert, da auch kritische Auseinandersetzung mit Themen wie Soziale Medien, Journalismus und Mutterschaft wie nebenbei stattfindet. 200 Seiten weniger hätten der Frauen-Geschichte aber durchaus gutgetan.
Karin Steinfeld-Bartelt
rezensiert für den Borromäusverein.

Nur eine weitere Geschichte
Jacqueline Maley ; aus dem amerikanischen Englisch von Wibke Kuhn
Ecco (2023)
494 Seiten
fest geb.