Der große Meaulnes
Unter den 100 wichtigsten Büchern des 20. Jh., die die französische Zeitung Le Monde zusammenstellte, nimmt dieser 1913 erschienene Roman Platz 9 ein; zweimal wurde er verfilmt. Er führt uns in die ferne Zeit vor gut hundert Jahren mit ihrem für
uns moderne Menschen langsamen Lebenstempo. Dementsprechend verhalten ist am Anfang der Erzählfluss, der dem Leser zunächst Geduld abverlangt, findet er sich doch in einem Schulhaus in einem französischem Provinznest wieder, in dem nicht viel los ist. Allmählich fängt einen aber die Atmosphäre von Jugendfreundschaft und Abenteuerlust ein. Erzähler ist der brave Lehrerssohn François, der fasziniert ist von dem um zwei Jahre älteren neuen Mitschüler Augustin Meaulnes; die Klassenkameraden nennen ihn respektvoll den großen Meaulnes. Letzterer gerät bei einem unerlaubten Ausflug in eine kostümierte jugendliche Hochzeitsgesellschaft auf einem verfallenen schlossartigen Gutshof und verliebt sich dabei in Yvonne, die Tochter der Herrschaft. In die Schule zurückgekehrt, findet er den Weg in sein "verlorenes Land" nicht mehr. - Alain-Fournier verarbeitet eigene Jugenderlebnisse. Die romantisch getönte Erzählung wirkt manchmal etwas traumhaft oder wie ein impressionistisches Bild. Beeindruckend sind die stimmungsvollen Landschaftsschilderungen. Die 1930 erschienene deutsche Übersetzung dieses Abenteuerromans über das jugendliche Hineinsuchen ins Leben wurde behutsam modernisiert. (Übers.: Arthur Seiffhart)
Bernhard Grabmeyer
rezensiert für den Sankt Michaelsbund.

Der große Meaulnes
Alain-Fournier
Verl. Freies Geistesleben (2014)
304 S.
fest geb.