Bunter als zuvor
Mitten im Leben - das klingt wie mitten im Spiel oder mitten in der Arbeit. Es bedeutet, gerade erst richtig angefangen zu haben und keinesfalls schon aufhören zu wollen. Es klingt lebendig, zufrieden, erstrebenswert. Auf keinen Fall klingt es nach Krise - und doch: Wie schnell wird zwischen vierzig und fünfzig aus "Mitten im Leben" die Midlife-Crisis? Damit auch diejenigen, die diese Krise mitten im Leben erwischt, nicht den Boden unter den Füßen und den Horizont vor den Augen verlieren, haben Susanne Herzog und Karin Lindner in diesem Buch Texte zusammengestellt, die Mut machen sollen. Bekannte Persönlichkeiten wie Anselm Grün, Elke Heidenreich, Verena Kast u.a. haben sich in nachdenklichen, witzigen oder poetischen Beiträgen dieses Themas angenommen. Margot Käßmann ist z.B. der Ansicht, dass besonders Frauen in dieser Phase Außerordentliches leisten. Fast immer sind sie es, die sich für die sozialen Belange in der Familie verantwortlich fühlen. Und so müssen sie mitunter gleichzeitig für die Jüngeren und Älteren sorgen, wobei die Berufstätigkeit auch nicht zu kurz kommen darf. Esther Kuhn-Lutz hilft das Gleichnis vom Weinstock und den Reben aus dem Johannes-Evangelium (Joh 15,5), das Leben leichter zu nehmen. "Ich muss nur Rebe sein - ich empfange meine Energie zum Wachsen aus dem Weinstock. Ich muss nicht alles aus mir selbst heraus produzieren ... Ich kann den Druck rausnehmen, alles aus mir selbst heraus leisten zu müssen, denn diese Einstellung führt zur besinnungslosen Erschöpfung." (S. 68) Fast alle Autoren bekommen in der Lebensmitte ein neues Bewusstsein für die Endlichkeit des Lebens. Dieses Gefühl empfinden sie keineswegs als bedrohlich. Im Gegenteil, für viele bedeutet es neue Freiheit. Das Buch ist eine Sammlung tiefgründiger, lesenswerter Texte für Frauen und Männer in der Lebensmitte. Sehr zu empfehlen.
Margrit Diekmann
rezensiert für den Borromäusverein.
Bunter als zuvor
Susanne Herzog ... (Hg.)
Matthias-Grünewald-Verl. (2012)
128 S. : Ill.
fest geb.