Pollaks Arm

Der aus Prag stammende Archivar und Privatgelehrte Ludwig Pollak hat in Rom 1905 den fehlenden rechten Arm für den Vater in der berühmten Laokoon-Gruppe gefunden. Das Leben und Wirken dieses vielseitig gebildeten assimilierten Juden ist Gegenstand Pollaks Arm einer Erzählung des Publizisten und Schriftstellers Hans von Trotha. Langsam findet der Leser hinein in die geschilderte Situation eines Berichts, den der deutsche Lehrer namens K. über den gescheiterten Versuch der Rettung Pollaks vor den Nazis gibt. Dieser sollte im Auftrag des Vatikans den berühmten Kunstverständigen samt Familie aus Rom in den Vatikan bringen. Sein Bericht an einen Monsignore M. entwickelt sich zu einem Porträt von Ludwig Pollak. Der hat sich während seines Jahrzehnte langen Aufenthalts in Rom den Ruf eines Kunstfachmannes erworben und wurde zum Romführer für bekannte Zeitgenossen, wie z.B. Gerhard Hauptmann, Richard Strauß und J.P. Morgan. Pollak war ganz im abendländischen Bildungsbereich verankert und ein großer Verehrer Goethes. Als Jude jedoch wurde er gesellschaftlich allmählich immer mehr ausgegrenzt; deshalb fühlte er sich in die jüdische Identität gedrängt und verzichtete auf die angebotene Rettung. Mit über tausend anderen verhafteten Juden wurde er im Viehwagon nach Auschwitz gefahren. Ein wichtiges Thema bildet die Rezeption der berühmten Laokoon-Skulptur. Laokoons Arm wird zu Pollaks Arm und damit zum prägenden Symbol dieser Erzählung. Hauptthema ist die schrittweise Ausgrenzung und Vernichtung des jüdischen deutsch geprägten Bildungsbürgertums an einem herausragenden Beispiel. Der Spannungsbogen des Rettungsversuches wirkt etwas konstruiert; dafür entschädigt die allmähliche plastische Lebensschilderung eines Gelehrten und Humanisten.

Bernhard Grabmeyer

Bernhard Grabmeyer

rezensiert für den Sankt Michaelsbund.

Pollaks Arm

Pollaks Arm

Hans von Trotha
Verlag Klaus Wagenbach (2021)

139 Seiten
fest geb.

MedienNr.: 973982
ISBN 978-3-8031-1359-7
9783803113597
ca. 22,00 € Preis ohne Gewähr
Systematik: SL
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