Über Meereshöhe

Luisas Mann hat im Jähzorn einen Mann erwürgt und später im Gefängnis einen Wärter getötet. Sie muss mit dem Bauernhof und den fünf Kindern allein zurechtkommen. Paolos Sohn hat als Mitglied der Brigate Rosse während der bleiernen Zeit in Italien Menschen verletzt und getötet. Die beiden Männer sind zu lebenslangen Haftstrafen verurteilt und in einem Hochsicherheitsgefängnis auf einer Insel untergebracht. Luisa nimmt eine lange, mühsame Fahrt in Kauf, um ihren Mann zu besuchen. Paolo, ein pensionierter Lehrer, hat es etwas einfacher, sowohl zeitlich als auch finanziell. Der Besuch von Ehemann und Sohn gestaltet sich wie immer unerfreulich. Der eine ist immer noch der verschlossene, hartherzige Mann, und der andere, ein verbohrter Revolutionär, mag nicht von seinen Überzeugungen lassen. Wegen eines Unwetters verkehrt die Fähre nicht mehr, weshalb Luisa und Paolo auf der Insel übernachten müssen. Sie kommen ins Gespräch und der Austausch tut beiden gut; sie reden ja sonst mit niemanden über ihre innere Haltung und ihr Gefühlsleben, müssen die Anfeindungen Dritter ertragen. So bleibt für beide diese Reise etwas Besonderes. - Die Autorin ist in Deutschland durch ihre Romane "Eva schläft" (BP/mp 11/377) und zuletzt durch "Alle außer mir" (BP/mp 19/158) bekannt geworden. Sie greift politische, gesellschaftliche Themen auf und beschreibt auf eindringliche und berührende Weise Menschen, Situationen und Natur. Mancher Schrecken wird durch einen sanften Erzählton gemildert. Trotz des schwierigen Themas liest sich das Buch unangestrengt. Es ist ein ganz besonderes Buch (Hardcover in BP/mp 13/110), das sehr gut einsetzbar ist und hoffentlich eine umfangreiche Leserschaft findet. (Übers.: Bruno Genzler)