Winterdreieck
Die Identität von Bérénice Beaurivage, einer fiktiven Schriftstellerin aus einem alten Film, würde perfekt zu ihr passen, beschließt die junge Frau. Da sie nicht bereit ist, sich einen neuen Aushilfsjob zu suchen, der sie ohnehin nur langweilen würde, und nicht auf die Streichung der Sozialhilfe warten möchte, scheint ein Neuanfang als Bérénice der einzige Ausweg. Ohne zu zögern, bricht sie in eine neue Stadt auf, beschafft sich elegante Kleidung sowie ein Schreibheft und lernt in dieser Rolle schnell einen wohlhabenden Schiffinspektor kennen. Einige Wochen lang gelingt es der jungen Frau, den Inspektor zu täuschen und ein bequemes Leben zu führen, doch dann zerbricht die Beziehung, er stellt sie zur Rede. Obwohl sie sich verzweifelt an ihn zu binden versucht, ist sie schließlich wieder auf sich allein gestellt, gefangen in einem Job, der sie schnell zu langweilen beginnt. - Insbesondere die Gestaltung der Figur der realitätsfernen jungen Frau, deren echten Namen man nie erfährt, ist der französischen Autorin hervorragend geglückt. Bis zuletzt wird nicht vollständig aufgedeckt, inwieweit die Protagonistin simuliert bzw. an Gedächtnisverlust oder krankhafter Realitätsverdrängung leidet; stattdessen werden die Optionen geschickt gegeneinander ausgespielt. Zu empfehlen, auch aufgrund der gelungenen Übersetzung ins Deutsche von Antje Peter.
Marlene Knörr
rezensiert für den Sankt Michaelsbund.
Winterdreieck
Julia Deck
Wagenbach (2016)
Quartbuch
138 S.
fest geb.