Happy Green Family
Im Mittleren Westen der USA leben alle ihre ziemlich öden kleinen Leben, zwischen uninspirierenden Jobs, Fast Food und Fernseher, bis eines Tages ein irrer Plan sie aus ihrer Lethargie reißt und sie sich gemeinsam einen ganz eigenen "American dream" erfüllen. Angefangen hat es mit einer weißen Henne. Ausgebüxt aus einer der dortigen agrarindustriellen Eiproduktionsanlagen, in denen Legehennen in unvorstellbaren Zahlen in endlosen Käfigreihen übereinander gestapelt auf Gitterrosten, in künstlichem Tageslicht, dem Gestank von Tonnen Hühnerkot und dem Rattern riesiger Ventilatoren tagaus, tagein ausgesetzt, den Eihunger Amerikas stillen. Dort, wo Cleveland seit Jahren als akribische Betriebsprüferin arbeitet und Janey, die verwaiste Tochter ihrer besten Freundin, anlernen soll. Wo diese eine mutige Henne das Fass der jahrelang ertragenen Tierschutz- und Regelverstöße zum Überlaufen bringt und die Frauen von nun an immer wieder Grüppchen von Hennen aus der Millionenflut von Tieren "entnehmen" und bei umliegenden Tierschützern nächtens "entsorgen". Bis ihnen klar wird, dass niemand überhaupt bemerkt, dass diese Hennen fehlen - und um ein Zeichen zu setzen, etwas viel Größeres passieren muss: eine ganze Farm, fast eine Million Tiere, soll in einer Nacht evakuiert werden. Wie ein ganzes Netzwerk von abgehalfterten Tierschutzaktivisten quer durch die USA über Wochen zusammengetrommelt, ein verwegener Plan tatsächlich umgesetzt wird, der am Ende in einer Katastrophe endet, für eine Handvoll Menschen aber ein ganz neues Leben beginnt - und für eine Lastwagenladung Hühner, damit zieht die Autorin mit Humor und Hintersinn immer mehr in den Bann des Geschehens. Mit viel Empathie für Menschen und Hühner, die nicht auf der Sonnenseite des Lebens stehen, und viel Interessantem über die Jahrmillionen alten Nachfahrinnen der Dinosaurier und ihren Fähigkeiten.
Elisabeth Bachthaler
rezensiert für den Sankt Michaelsbund.
Happy Green Family
Deb Olin Unferth ; aus dem amerikanischen Englisch von Barbara Schaden
Verlag Klaus Wagenbach (2022)
281 Seiten
kt.