Narren und Sterbliche
Der weltbekannte Autor von historischen Abenteuergeschichten wendet sich erstmals dem elisabethanischen Zeitalter seiner Heimat zu und stellt dessen berühmtesten Zeitgenossen Shakespeare ins Zentrum des Romans. Erzähler und Hauptfigur bei Cornwell ist allerdings Williams zehn Jahre jüngerer Bruder Richard. Im Roman schließt er sich der Truppe um seinen Bruder an, in der Hoffnung, endlich die Frauenrollen abzulegen, die er spielen muss, und als Mann auf der Bühne zu stehen. 1591, dem Jahr, in dem der Autor die Handlung ansiedelt, bietet sich ihm inmitten der Turbulenz von Konkurrenzen (Neueröffnung eines Theaters), politischen Intrigen und Katholikenverfolgung eine Chance. Als die Konkurrenz die Manuskripte der Shakespeare-Truppe stiehlt, darunter Romeo und Julia und den Sommernachtstraum, ist es der ständig an den Rand gedrängte Bruder Richard, der sie wiederbeschafft. - Farbig, einfühlsam und voller historischer Details zieht Cornwell ein Band zwischen dem Theaterwesen, der kulturhistorisch und politisch bespiegelten Epochendarstellung und einem spannenden, mit Bravour aus Humor und Schrecken gemischten Plot. Die Geschichte mag in der atmosphärischen Dichte und dem Thema Frauendarstellungen auf der Bühne an den Film "Shakespeare in Love" (1998) erinnern, was dem literarischen Vergnügen an lebendig geführten Dialogen und dramaturgisch geschickt gesetzten Erzähleinschüben keinen Abbruch tut. Die Meisterschaft Cornwells wird allen Lesern, die Vergnügen an historischen Stoffen haben, große Freude machen. Denen, die ihren Shakespeare dabei aus dem Blick des jüngeren, verachteten Bruder entdecken, werden die Schauspieler und Stückeschreiber dieser Zeit wie im Buchtitel beschrieben scheinen: Narren und Sterbliche. Ein herrliches Lesevergnügen für alle Bestände. (Übers.: Karolina Fell)
Helmut Krebs
rezensiert für den Borromäusverein.
Narren und Sterbliche
Bernhard Cornwell
Wunderlich (2018)
505 S. : Ill., Kt.
fest geb.