Der Sommer der schwarzen Schafe
Sommer 1976 in einer englischen Kleinstadt: Die beiden zehnjährigen Mädchen Grace und Tilly machen sich auf die Suche nach der verschwundenen Nachbarin Margaret Creasy. Dazu geben sie sich als Pfadfinder aus, bieten ihre Hilfe an und hoffen, durch ihre kindlichen Fragen Neuigkeiten zu erfahren. Dabei wirbeln sie unbewusst Geheimnisse der Bewohner der ruhigen Vorstadtstraße auf. Hat der Ehemann etwas mit dem Verschwinden seiner Frau zu tun? Oder war Mr. Bishop beteiligt, der seit einer Kindesentführung im Jahr 1967 unter Verdacht steht und seitdem gemobbt wird? Und wo ist eigentlich Gott? Durch ihre kindlichen Fragen und ihre Naivität werden sie nicht als ernst zu nehmende Gesprächspartner wahrgenommen und entdecken hinter der Fassade einiger Bewohner so manche Ungereimtheit und verschwiegene Geheimnisse. - In ihrem Romandebüt erstellt Joanna Cannon eine Szenerie, die trotz krimineller Tätigkeiten nicht in das Genre Krimi passt, sondern eher ein Gesellschaftsporträt einer verschlafenen englischen Vorstadt abbildet. Auf den ersten Blick scheint alles ruhig und gediegen, aber durch den Wechsel der Perspektiven und Zeitebenen nimmt die Story Fahrt auf und frühere Ereignisse und die daraus erfolgten Verdächtigungen und Intrigen bringen das feine Konstrukt einer harmonischen Nachbarschaft ins Wanken. Durch den feinen englischen Humor der Autorin und die kindliche Sicht der beiden Mädchen bekommt der Roman eine Leichtigkeit, die das Thema besonders hinterfragt. Man muss sich auf den Stil und die Erzählweise Cannons einlassen können, die sowohl humorvoll als auch mahnend hintergründig ist. Freunde englischer Literatur werden ihre Freude haben. (Übers.: Astrid Finke)
Elisabeth Kemper
rezensiert für den Borromäusverein.
Der Sommer der schwarzen Schafe
Joanna Cannon
Limes (2017)
409 S.
fest geb.