Das Vorleben der Delfine
Der Ich-Erzähler hat ein Stipendium an der New York Public Library zu Leben und Werk der ungarischen Pazifistin und Kämpferin für Frauenrechte Rosika Schwimmer erhalten. Im Buch berichtet er einerseits über seine Forschungsergebnisse, besonders
über ihre vergeblichen Unternehmungen, den amerikanischen Präsidenten als Friedensvermittler im Ersten Weltkrieg zu gewinnen. Auf der anderen Seite stehen seine persönlichen Erfahrungen, die seiner Frau und seiner Kinder, im Melting Pot während der Pandemie. Dazwischen schleichen sich immer wieder Erinnerungen an seinen Herkunftsort Ondarroa im Baskenland ein; an das, was er (vorübergehend) verlassen hat. Hier handelt viel vom gewaltlosen Kampf baskischer Frauen für ihre Rechte vor allem zur Franco-Zeit. Der zweite Teil - über das zweite Aufenthaltsjahr - hat die Form eines überlangen Briefes, den Uribes Frau an ihre Jugendfreundin schreibt. Der Kontakt zu ihr war abgerissen, als sich Maider in Umtriebe der ETA verstrickt hatte, in dem sie terroristische Täter versteckte. - Roter Faden durch das Buch ist die Frage, was ohne Gewalt erreicht werden kann; abstrakter formuliert: um Krieg und Frieden. Ging es Schwimmer zuerst um das Frauenwahlrecht, wehren sich die Baskinnen gegen rechtliche Einschränkungen, sowohl beim öffentlichen Gebrauch ihrer Sprache als auch bei Abtreibungen und anderen Benachteiligungen unabhängig von der ethnischen Zugehörigkeit.
Pauline Lindner
rezensiert für den Sankt Michaelsbund.

Das Vorleben der Delfine
Kirmen Uribe ; Deutsch von Stefan Kutzenberger
Berlin Verlag (2023)
395 Seiten
fest geb.