Streichholzburgen
Lisa spricht mit niemandem, aber trotzdem, oder gerade deshalb, dreht sich in der Familie alles um sie. Während für ihren jüngeren Bruder Jan die ganze unbelebte Umwelt lebendig ist, und auf seine Fragen und Kommentare antwortet, sitzt Lisa mit
abwesendem Blick auf ihrem Bett und reagiert auf nichts. Niemand darf ihre Ordnung stören und Jan sitzt immer auf dem gleichen Kissen, an der gleichen Stelle, wenn er bei ihr im Zimmer sein darf. Das Mädchen möchte immer das Gleiche essen, bis die Mutter es nicht mehr riechen kann. Dann steigt sie auf etwas anderes um, und in diesem Fall muss es eine rote Farbe haben, was aber nicht immer einfach ist. Die Familie kann keine Ausflüge machen, weil Lisas Verhalten nicht vorauszusehen ist, und kapselt sich immer mehr ab, was auch Jans Entwicklung beeinträchtigen könnte. Die Eltern suchen eine Lösung für die unhaltbare Lage, die die Familie zu zerstören droht. Deshalb soll Lisa in einem Heim untergebracht werden, was Jan jedoch völlig fassungslos als Aussetzen seiner Schwester interpretiert. Doch nach und nach klären sich die Umstände und auch für Jan wird die Lage wieder erträglich. - Eine ergreifende Geschichte über das Leben des 10-jährigen Bruders einer Autistin, der vieles besser versteht als die Erwachsenen um ihn herum und dadurch auch dazu beitragen kann, dass letztlich die richtige Entscheidung getroffen wird. Sehr zu empfehlen.
Lili Aignesberger
rezensiert für den Sankt Michaelsbund.

Streichholzburgen
Bettina Obrecht
Bloomsbury (2012)
110 S. : Ill.
fest geb.
Borromäus-Altersempfehlung: ab 10