Ein Irrer, der für seinen Wärter sorgt

Es gibt Zeitungsnachrichten, die zwar nicht die Welt bewegen, aber umso mehr die Gemüter; die uns einen Blick über den oft sehr engen Tellerrand unseres eigenen Lebens hinaus schenken, bisweilen lehrreich sind oder amüsant oder auch nur einfach Ein Irrer, der für seinen Wärter sorgt unterhaltend. Der Theatermacher und Lichtkünstler M. Batz hat solche Nachrichten, die in den Zeitungen oft unter "Vermischtes" stehen oder nur die Leerstellen zwischen den großen Beiträgen füllen sollen, gesammelt, wie das schon Heinrich von Kleist (und viele Schriftsteller nach ihm für ihre Stoffsuche) getan hat. Der besondere Reiz aber liegt darin, dass diese Sammlung aus Artikeln besteht, die alle im 19. oder frühen 20. Jh. erschienen sind, also einer Sprachwelt angehören, die noch keineswegs so nüchtern war wie die heutige. Natürlich haben auch die Journalisten von damals versucht, Interesse zu wecken, moralische Bedürfnisse zu befriedigen, manchmal auch zu erziehen. So sind diese Artikel, obwohl Batz die Fülle des in Archiven liegenden Materials nur sehr selektiv darbieten kann, auch ein einmaliges kulturhistorisches Zeugnis, das uns gerade das Alltagsleben einer vergangenen Zeit nahebringt: etwa den traurigen Selbstmord eines mit seinem Weihnachtsgeschenk unzufriedenen Zwölfjährigen oder den Irren, der sich um seinen bei einem Spaziergang von einem Auto angefahrenen Wärter rührend und mit großer Klarsicht kümmerte. - Breit einsetzbar.

Martin Niedermeier

Martin Niedermeier

rezensiert für den Sankt Michaelsbund.

Ein Irrer, der für seinen Wärter sorgt

Ein Irrer, der für seinen Wärter sorgt

Michael Batz
Ellert & Richter Verlag (2021)

191 Seiten
kt.

MedienNr.: 604766
ISBN 978-3-8319-0794-6
9783831907946
ca. 14,95 € Preis ohne Gewähr
Systematik: Ge
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