Das halbe Haus

Wie hoch ist der Preis der Freiheit? Mit dieser Frage setzt sich der Autor Gunnar Cynybulk (Jahrgang 1970) in seinem Debütroman auseinander. Im Mittelpunkt steht der im VEB Chemiekombinat Leuna als Ingenieur tätige Frank Friedrich, der 1977 einen Das halbe Haus Ausreiseantrag in die BRD gestellt hat. Protokolle des MfS bestätigen, dass er vor allem nach der genehmigten Übersiedlung seiner Mutter Polina, einer Rentnerin, überwacht wird. So ist es unverständlich, dass er sich trotz der ihm bewussten Bedrohung gemeinsam mit seinem 12-jährigen Sohn Jakob der DDR-Staatsgrenze nähert. Diese Aktion scheint ebenso wenig durchdacht wie seine 1982 erfolgte Eheschließung mit Eva Meyenburg, deren Ex-Ehemann aus einer dem MfS nahestehenden Familie stammt. Der vom reglementierten Leben im grauen Mangelland abgestoßene Mittdreißiger wird nach einer Flugblattaktion inhaftiert und 1984 freigekauft. - Dem in Leipzig aufgewachsenen Autor ist es gelungen, die Endzeitstimmung im Osten Deutschlands realistisch wiederzugeben. Da er von den 1980er Jahren aus auf die Kriegs- und Nachkriegszeit zurückblickt und somit den Kreis der Akteure erweitert, setzt deren Zuordnung ein konzentriertes Lesen voraus. Die darüber hinaus auffallenden, mitunter unverständlich wirkenden Entscheidungen einiger Protagonisten regen zur Auseinandersetzung mit einem Buch an, das trotz kritischer Einwände Beachtung finden sollte.

Kirsten Sturm

Kirsten Sturm

rezensiert für den Sankt Michaelsbund.

Das halbe Haus

Das halbe Haus

Gunnar Cynybulk
DuMont (2014)

571 S.
fest geb.

MedienNr.: 396293
ISBN 978-3-8321-9723-0
9783832197230
ca. 22,99 € Preis ohne Gewähr
Systematik: SL
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