Soutines letzte Fahrt
Der Roman bietet eine ambitionierte, nicht-lineare Lebensgeschichte des jüdisch-weißrussischen Malers Chaim Soutine, geboren im Schtetl bei Minsk, ausgebildet in Wilna und wohnhaft in Paris. Anhand seiner kaum bekannten Vita, die dem Romancier genügend Freiraum zur Fiktionalisierung lässt, entsteht ein faszinierendes, detailreiches Bild der Szene der im frühen 20. Jahrhundert aus Osteuropa emigrierten Künstler sowie der Judenverfolgung im Zweiten Weltkrieg. "Letzte Fahrt" ist wörtlich gemeint: Bezeichnet wird die umständliche Reise des todkranken Soutine in einem Leichenwagen durch das besetzte Frankreich im August 1943. Das Ziel ist Paris, wo unter größter Geheimhaltung die Operation eines weit fortgeschrittenen Magengeschwürs vorgenommen werden soll. Soutine erlebt die Fahrt im Morphium-Delirium, wechselt ständig zwischen wachen und (alb-)traumartigen Zuständen. In diesen Phasen erscheinen ihm Begleiter aus der Vergangenheit, Repräsentanten für durchlebte Traumata und vermeintliche Hoffnungsträger. Die Lebensgefährtin Marie-Berthe Aurenche kommt ebenso zu Wort wie der Autor Dutli selbst. - Der vielschichtige, in poetischer Sprache geschriebene Roman bedarf einer aufmerksamen Lektüre.
Thomas Völkner
rezensiert für den Borromäusverein.
Soutines letzte Fahrt
Ralph Dutli
Wallstein (2013)
270 S.
fest geb.