Echt italienisch
In diesem Buch ist alles fein und ordentlich, dekorativ. Kein Stäubchen. Alles aufgeräumt, gereinigt, die künstlich wurmstichigen Bettholzgestelle grau getönt, mit Balustersäulchen. Frisch überzogen die Betten, die Bäder lichtdurchflutet, die Küchen ohne die leiseste Spur von Schweiß und Brodem, Bratenresten oder vergossener Milch. Scheuertuch und verstreutes Salz? In Italien nicht "in"! Die Toskana wie sie sich Mariechen aus Gelsenkirchen vorstellen soll: ein Wohnparadies ohne Schrammen und Schründen. Es kommt noch dicker, wenn etwa eine Doppelliege von einem barocken Wand-Gestell dominiert wird, das, himmelblau gestrichen und mit Goldquasten verziert, einem mehrfach gerafften Vorhang ähnelt. Woher all diese teuren antiken Gegenstände, mit denen die Räumlichkeiten und Gärten ausstaffiert sind, wohl kommen mögen - wenn nicht aus alten Kirchen und Schlössern?! Das Appetitliche der Einrichtungen dieser "rustikalen" Schönheiten-Galerie mag viele Betrachter in Entzücken versetzen. Teppiche, Vorhänge, Tüll-Gehänge, Kleinmöbel und Geschirr von Floh- und Antiquitätenmärkten - alles atmet eine kaum von jedermann erreichbare, nur erträumbare Perfektion. Ob das wirklich alles "echt italienisch" ist, muss bezweifelt werden. Es ist das Italien der Möchtegern-Deutschen mit dickem Geldbeutel und, zugegeben, gutem Geschmack. Ein "Schau-Buch" für große Bestände.
Hans Gärtner
rezensiert für den Sankt Michaelsbund.
Echt italienisch
Caroline Clifton-Mogg. Fotos von Chris Tubbs
Gerstenberg (2011)
191 S. : überw. Ill. (farb.)
fest geb.