Der siebente Bruder
Der junge Prinz Hans muss zu Hause bleiben, als seine Brüder zur Brautschau ausreiten. Doch werden sie von einem Troll in Steine verwandelt. Hans erbittet von seinem Vater die Erlaubnis, seine Brüder zu suchen. Mit seinem alten Gaul erlebt er ein gefahrenvolles Abenteuer. Die Geschichte klingt wie ein bekanntes Märchen und doch ist in dieser Graphic Novel vieles anders: Hans ist kein strahlender Held, aber seine Tapferkeit verbindet sich mit Redlichkeit und Pedanterie. Sein Pferd, ein arbeitsscheuer Klepper, ist um Ausreden nicht verlegen, doch ein treuer Begleiter. Wirklich klug aber ist die Prinzessin, die vom Troll gefangen gehalten wird und Hans auf die richtige Spur bringt. Das Personal zeichnet sich also durch eigenwillige Charakterzüge aus und ähnlich differenziert wird mit dem Bildmaterial gearbeitet. Die Zeichnungen führen uns durch unendlich verlaufende Details von Flora und Fauna, in Grusel-Szenen der Höhlen-Wohnung des Trolls, sie deuten schemenhaft seine Widerwärtigkeit an. Diese Extreme gehen mit naturgetreuen Stillleben eine skurrile Verbindung ein, zu der sich die expressiven Wortbeiträge des Trolls und collagehafte Bildelemente als künstlerische Ausdrucksmittel gesellen. Der Autor beherrscht viele Techniken exzellent, aber vor allem reizt er nichts aus, sondern trifft in jedem kleinen Panel und auf jeder Doppelseite den richtigen Ton. Dem Charme dieses Comics werden viele erliegen, vom routinierten Graphic Novel-Liebhaber bis zum jüngsten Fantasy-Fan. Eine schönere und auch witzigere Märchen-Adaption wird sich kaum finden lassen!
Dominique Moldehn
rezensiert für den Borromäusverein.
Der siebente Bruder
Øyvind Torseter
Gerstenberg (2017)
[o. P.] : überw. Ill. (farb.)
fest geb.
Borromäus-Altersempfehlung: ab 10