Klara und die Sonne
Im Amerika der nahen Zukunft hat sich in dem neuesten Roman des Literatur-Nobelpreisträgers Ishiguro Einiges verändert. Jugendliche Roboter, genannt KF - kindliche(r) Freund(in) - begleiten Einzelkinder in wohlhabenden Familien, deren Kontakt zu
Gleichaltrigen nur noch in gelegentlichen Interaktionsmeetings stattfindet. Klara ist solch eine KF, zwar schon ein veraltetes Modell, dafür aber sehr lernfähig programmiert. Die 13-jährige Josie, die Klara als ihre KF auswählt, braucht wegen ihrer schwachen Gesundheit viel Unterstützung. Josie hat aber seit Kindertagen auch einen besten Freund, Rick, mit dem sie bereits Pläne für die Zukunft geschmiedet hat. Die beiden unterscheiden sich in ihrer sozialen Stellung und ihren Aufstiegschancen, die eine zentrale Rolle in dem Roman spielen. Nach und nach eröffnet sich einem die Perfidie dieser zukünftigen Welt und nach einer ruhigen, langsamen Anfangsphase wird das Geschehen stetig fesselnder. Man wird zum Nachdenken angeregt darüber, worin sich Menschen und Maschinen unterscheiden. Hat der Mensch eine unverwechselbare Seele, ein "Herz", oder lässt er sich in Zukunft durch imitierende Maschinen ersetzen? Gerade der Roboter verfügt in einigen Szenen über mehr Empathie als mancher der Menschen. Auch das religiöse Verhältnis der von Solarenergie abhängigen Klara zur Sonne stimmt nachdenklich. Erzählt wird die Geschichte von Klara, der Johanna Wokalek die perfekte, gleichförmige Stimme verleiht, um dem übrigen Personal des Romans eigene Nuancen zu geben. Für alle Hörer/-innen mit Ausdauer ein empfehlenswertes, lange nachhallendes Hörerlebnis.
Gabriele Güterbock-Rottkord
rezensiert für den Borromäusverein.

Klara und die Sonne
Kazuo Ishiguro ; gelesen von Johanna Wokalek ; aus dem Englischen von Barbara Schaden
Random House Audio (2021)
9 CDs (circa 620 min)
CD