Lebensstufen

Félix Tournachonunter wird unter dem Pseudonym Nadar der Fotograf im Paris der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Sarah Bernhardt ist sein bevorzugtes Sujet, er steckt sie bei den Aufnahmen mit der Leidenschaft für das Ballonfahren an. Sarah und Lebensstufen Fred Burnaby haben das gleiche Faible für Exzentrik und sind damit ein gleichberechtigtes Paar. "Jede Liebesgeschichte ist ein potentielles Trauerspiel" sagt der Autor und leitet nun zum eigentlichen Thema des Buches über - der Trauer um seine im Jahr 2008 nach kurzer Krankheit verstorbene Frau. Hier werden die Verschränkungen der scheinbar zusammenhanglosen Geschichten deutlich, stellen sich die Lebensstufen im übertragenen Sinn dar. Denn sobald Julian Barnes als Ich-Erzähler auftritt, schließt sich der Kreis von den Lüften und den Tiefen, die es auszuloten gilt. Barnes trauert um seine Frau, hasst Euphemismen und Metaphern, die den schmerzlichen Zustand verschleiern sollen. Barnes sieht darin eine Gleichgültigkeit der Umwelt, die nach einer Schonfrist von ihm ein "normales Funktionieren" erwartet. Diese Erwartung und die Unfähigkeit der Freunde die richtigen Worte zu finden, empfindet er als schockierend, machen ihn wütend. Er entdeckt den Zustand der Einsamkeit und die daraus entstehenden Gedanken an Selbstmord. Das Hörbuch ist keine leichte Unterhaltung, es erfordert die Aufmerksamkeit des Zuhörers und seine Bereitschaft sich auf die Auseinandersetzung mit dem Thema "Trauer" einzulassen. Der Sprecher Wolfram Koch wird der Herausforderung gerecht, auch wenn er in manchen Passagen etwas zu jung wirkt. Das Hörbuch ist für Büchereien mit einem etwas größeren Bestand sehr empfehlenswert, es lädt zum Gespräch ein.

Leoni Heister

Leoni Heister

rezensiert für den Borromäusverein.

Lebensstufen

Lebensstufen

Julian Barnes. Wolfram Koch liest
Argon (2015)

Argon edition
3 CD (ca. 206 Min.)
CD

MedienNr.: 580724
ISBN 978-3-8398-1381-2
9783839813812
ca. 19,95 € Preis ohne Gewähr
Systematik: SL, Li
Diesen Titel bei der ekz kaufen.