Schloss Gripsholm
Wie man die Seele baumeln lässt, das führen Peter (alter ego des Autors) und seine Freundin Lydia in diesem Sommer-Roman vor. Sie genießen ihre Sommerferien im Schloss, am See und in der Natur und sie genießen ihre Liebe. Die Besuche von Freund Karlchen und Freundin Billie setzen Akzente bei den Themen der Liebe des Autors zu Menschen, besonders zu den weiblichen. Die Bettszene mit dreien kann noch heute die Fantasie anregen, ist aber längst nicht mehr so frivol wie beim Erscheinen des Buches. Tucholskys Antimilitarismus wird von der sadistischen Leiterin eines Kinderheims herausgefordert und mündet in der Rettungsaktion eines kleinen Mädchens. Der etwas angestaubte Charme der Erzählung ist ungebrochen. Und unter dem Staub altmodischer Formulierungen und Moralvorstellungen kommt immer wieder die Kunst des Autors zum Vorschein, detailgenau zu beobachten und zu formulieren. Dabei blitzen eine kindliche Freude an Streichen und eine unbeschwerte Lust am Genießen ebenso hervor wie die Abneigung zum Unterordnen unter Alltagszwänge. Auch nach 100 Jahren kann diese neue Lesung gerne empfohlen werden, wenn auch jüngere Hörer zumindest zu Beginn von dem altmodischen Stil befremdet sein können.
Lotte Schüler
rezensiert für den Borromäusverein.
Schloss Gripsholm
Kurt Tucholsky. Manfred Zapatka liest
Argon (2014)
Argon edition
4 CD (ca. 271 Min.)
CD