Der Sabbat
Der chassidisch-jüdische Ethiker Abraham Heschel hat sein Buch über den Sabbat für jüdische Leser geschrieben, die geprägt von modernen Lebensformen nicht mehr viel mit dem Sabbat anfangen können und seine Gebote als beengend oder sinnlos empfinden. Doch auch der christliche Leser wird für sein Verständnis vom Sonntag viel davon profitieren, wenn er nachvollzieht, welch ein Geschenk ein zu heiligender Tag inmitten eines Arbeitslebens und den großen und kleinen Sorgen des Einzelnen wie auch in den Nöten und Krisen der Welt sein kann. Für Heschel ist der Sabbat ein Tag der Freude, der Harmonie und der Befreiung von den Zwängen des Alltags; ein Tag, der als Vorwegnahme des künftigen Paradieses und der Gemeinschaft mit Gott ganz für den Menschen da ist, und nicht umgekehrt, wie es eine falsche Auslegung der Sabbat-Regeln schon zur Zeit Jesu weismachen wollte. In ihrer Einführung zum Buch erzählt Heschels Tochter Susanne, wie prägend und bis auf den heutigen Tag menschlich bereichernd für sie die Sabbat-Feiern in ihrem Elternhaus waren. Hervorzuheben sind auch des Autors Reflexionen über den Sabbat als "Architektur der Zeit". Sie führen in das Zentrum des jüdischen Glaubens und erschließen dessen heilsgeschichtliches Denken, das das Judentum von allen anderen Religionen unterscheidet und in dessen Bahnen sich auch das Christentum bewegt.
Richard Niedermeier
rezensiert für den Sankt Michaelsbund.
Der Sabbat
Abraham Joshua Heschel ; Übersetzung durch Ruth Olmesdahl
Patmos Verlag (2022)
104 Seiten
fest geb.