Der zweite Schlaf
England im Jahre 1468 nach der biblischen Apokalypse. Die Menschen leben in einer mittelalterlichen Kultur, ohne Elektrizität und unter dem Dogma der Kirche. Diese bietet Schutz, verlangt aber absoluten Gehorsam. Ketzer werden bestraft. Als der Pfarrer
Lacy unter seltsamen Umständen ums Leben kommt, wird Priester Fairfax vom Exeter Bischof geschickt, um zu untersuchen, ob Lacy ein Ketzer war. Fairfax findet in Lacys persönlichen Dingen Artefakte (Kunststoff, Münzen, Scherben), die diesen Eindruck bestätigen. Auch in seinen Aufzeichnungen liest Fairfax Dinge, die nicht der offiziellen Lesart der Kirche entsprechen. Fairfax kommen Zweifel an seiner Kirche, die durch Gespräche mit Gutsherrin Sarah, Captain Hancock und dem Altertumsforscher Shadwell noch verstärkt werden. Robert Harris zeigt in seinem Roman die Achillesferse unserer Zivilisation auf: die extensive Nutzung der digitalen Medien und die damit verbundene globale Vernetzung, die Abhängigkeit von Kreisläufen im privaten und öffentlichen Raum, das zunehmende Vergessen von handwerklichen Fähigkeiten. Gibt es durch eine Katastrophe keinen Strom, fallen die Computersysteme aus, kommt das moderne Leben an seinen Endpunkt. Das sehr gut inszenierte Hörspiel nimmt den Hörer schnell gefangen und zieht ihn in eine Welt, die seltsam vertraut und gespenstisch nahe scheint. Auf der 5. CD kommen im Werkstattbericht die Sprecher und der Regisseur zu Wort, die von der Entstehung des Hörspiels berichten. Das Hörspiel kann allen Büchereien uneingeschränkt empfohlen werden.
Leoni Heister
rezensiert für den Borromäusverein.

Der zweite Schlaf
Robert Harris ; Hörspielbearbeitung: Heinz Sommer ; Regie: Leonhard Koppelmann ; mit Max Mauff [und weiteren]
der Hörverlag (2021)
5 CDs (circa 341 min)
CD