Die Gewitterschwimmerin
Angelehnt an ihre eigene Familiengeschichte erzählt die Autorin in zwei gegenläufigen Zeitachsen die Geschichte von vier Generationen der jüdischen Familie Hirsch. Eine Zeitachse beginnt 1889 mit Großvater Friedrich, der den Kaiser und den Ersten Weltkrieg erlebt, vor der Verfolgung der Nationalsozialisten nach England flieht und nach dem Krieg in der DDR das Bildungssystem mit aufbaut, und reicht über seine zwei Söhne Alfred und Erwin bis in die Gegenwart, während die andere Zeitachse rückwärts läuft von der Gegenwart bis zur Geburt von Friedrichs Enkelin Tamara 1951. Als Tamaras Mutter fast achtzigjährig 2011 stirbt, kehrt sie in ihr Elternhaus in Berlin zurück und wird von den Erinnerungen an ihr privilegiertes und oft erdrückendes Leben in der DDR eingeholt. Ihr Vater Alfred konnte als ehemaliger kommunistischer Widerstandskämpfer und Romanautor im Auftrag des Sozialismus mit seiner Frau Adele für die DDR durch die Welt reisen, während Haushälterin Irmgard sich um Tamara und ihre jüngere Schwester Dascha kümmern muss. Sind die Eltern zu Hause, leiden die Kinder unter der Lieblosigkeit der Mutter und verdrängen den Missbrauch des Vaters. Tamara sucht früh ihren eigenen Weg, wird ausgebildete Puppenspielerin und alleinerziehende Mutter, während Dascha alkoholabhängig wird und nach Selbstmordversuchen immer wieder in die Psychiatrie kommt - bis es ihr gelingt, sich umzubringen. - Ein oft schmerzhafter Roman, der faszinierend und beklemmend Zeitgeschichte erzählt. Für anspruchsvolle, literarisch interessierte Leser.
Gudrun Eckl
rezensiert für den Sankt Michaelsbund.
Die Gewitterschwimmerin
Franziska Hauser
Eichborn (2018)
428 S.
fest geb.