Der Weg der Töchter
Das Leben in Nigeria schwankt auch für gebildete Familien zwischen traditionellen Vorstellungen und aktuellem Wissen, denn schon die Geburt von Morayos Albino-Schwester wird als Unglück interpretiert, obwohl alle wissen, wie es zu der fehlenden Pigmentierung
der Haut kommt. Morayo wächst von allen geliebt in ihrer Familie auf, ist eine hervorragende Schülerin. Doch als sie in die Pubertät kommt, wird sie von ihrem Cousin vergewaltigt, als ihre Eltern gerade verreist sind. Bros T bedroht sein Opfer auch noch damit, dass er ihrer kleineren Schwester dasselbe antun könnte, falls sie ihrer Mutter den Vorfall erzählt. Zunächst schafft Morayo es nicht, darüber zu sprechen, aber als sie es endlich ihrer Mutter mitteilt, glaubt diese ihrer Tochter nicht, und treibt sie dadurch noch mehr in die Isolation. Nur Auntie Morenike versteht das Mädchen sofort, sie hat als Heranwachsende eine ähnliche Erfahrung gemacht. Nun hört sie geduldig zu, glaubt dem verzweifelten Mädchen und unterstützt sie bei der Aufarbeitung ihres Traumas. - Dieser aufrüttelnde Roman über ein schmerzvolles Thema, eingebettet in die Aktualität eines aufstrebenden afrikanischen Landes, empfiehlt sich auf jeden Fall als bereichernde Lektüre für Heranwachsende und ihre Eltern. Auch in unserer Kultur fällt es nach wie vor schwer, über Missbrauch im familiären Bereich zu sprechen und die Zusammenhänge aufzudecken, zu verstehen und verzeihen zu können. (Übers.: Uda Strätling)
Lili Aignesberger
rezensiert für den Sankt Michaelsbund.

Der Weg der Töchter
Yejide Kilanko
Graf (2013)
383 S.
fest geb.