Manitoba
Als Kind erfuhr Max, dass er von Indianern abstammt. Seine Urgroßmutter hatte als junge Witwe an einer Missionsschule in Wyoming gearbeitet und sich dort in den Arapaho-Indianer Nisono'oho verliebt. Die Umstände ihrer Reise und die Erlebnisse in Fort Washakie von 1888-1890 hatte sie erst 1948, kurz vor ihrem Tod, niedergeschrieben. Max bedeutet sein Achtel indianische Abstammung mehr als die andern Vorfahren zusammen, allesamt Schweizer. "Du und deine Indianer!", pflegte seine Frau ihm vorzuwerfen. Inzwischen leben sie getrennt. Sein Sohn Jonas, wie er ein Schriftsteller, ist ihm vollkommen fremd, er fühlt sich ihm unterlegen. Trotz Herzrhythmusstörungen reist Max in die USA, er will mehr über den Urgroßvater erfahren und danach ein paar Wochen in Kanadas Wildnis leben. Die Auskünfte im Indianerreservat wecken jedoch Zweifel am Wahrheitsgehalt der Tagebücher der Urgroßmutter, was Max erschüttert. - Der Ich-Erzähler schreibt rückblickend über seine Reise, die er inzwischen bereut. Die Stimmung des Romans ist geprägt von der Einsamkeit und Sehnsucht nach Zugehörigkeit seiner Hauptfigur. Das Thema Identität findet sich auch bei der Begegnung mit dem Motel-Manager Ned Cloud, dessen Sohn sich als Hawaiianer ausgibt, um die indianischen Züge zu erklären, radikalen kanadischen Indianern oder in den Aufzeichnungen der Urgroßmutter. Trotz gewisser Längen sehr lesenswert.
Barbara Sckell
rezensiert für den Borromäusverein.
Manitoba
Linus Reichlin
Galiani Berlin (2016)
277 S.
fest geb.