Homicide

Zwanzig Jahre nach dem englischsprachigen Original liegt mit "Homicide" die Übersetzung der Vorlage zur TV-Serie "The Wire" vor. Der Text ist ein literarischer Tatsachenbericht über die Arbeit der Mordkommission in der US-Großstadt Baltimore im Homicide Laufe des Jahres 1988. Der Journalist David Simon, der die Polizisten damals zwölf Monate lang begleitete, zeigt eine Stadt, die von Drogen- und Bandenkriminalität erschüttert wird und an ihren sozialen Problemen zu scheitern droht. Er behandelt die 240 laufenden Mordermittlungen jenes Jahres, porträtiert die Beamten und ihre Arbeitsweisen, benennt Erfolge und Misserfolge. Er erzählt von Tatorten, gewaltbereiten Personen, störrischen Zeugen, Verhörmethoden, Obduktionen - und fügt Dutzende Einzelfälle zu einer großen, detailreichen Geschichte zusammen. Als roter Faden dient der gewaltsame Tod der elfjährigen Latonya und die sich über Monate hinziehenden Versuche zu dessen Aufklärung. Anhand des außergewöhnlichen Falles wird die wiederkehrende, oft stupide wirkende, sich auf die Auswertung von kleinsten Spuren konzentrierende Alltagsarbeit der Polizei gekonnt verdeutlicht. Das Buch bietet einen drastischen, schonungslosen, gleichwohl lohnenswerten Blick hinter die Kulissen der realen Polizeiarbeit, die wenig mit den beliebten Krimis gemein hat, bei denen letztlich immer die Guten siegen. Bei der Lektüre von "Homicide" vergisst man trotzdem zeitweilig, dass man gar keinen Roman in Händen hält.

Thomas Völkner

Thomas Völkner

rezensiert für den Borromäusverein.

Homicide

Homicide

David Simon
Kunstmann (2011)

828, [8] S. : Ill.
fest geb.

MedienNr.: 569477
ISBN 978-3-88897-723-7
9783888977237
ca. 24,90 € Preis ohne Gewähr
Systematik: So
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