Anna der Vater

Die 19-jährige Schweizer Austauschschülerin Anna findet in der Tochter ihre Gasteltern eine Seelenverwandte. Als diese schwanger ist, überzeugt Anna sie davon, das Kind zu behalten und bietet an, die Vaterrolle zu übernehmen. Und setzt sich gegen Anna der Vater alle Widerstände durch. Vielleicht deshalb, weil sie ihren Vater erst kurz zuvor kennengelernt hat. Ihre Mutter hatte ihm den Kontakt zur Tochter verboten. Nora bringt Zwillinge, Nala und Alan, zur Welt; das eine Kind gehört zu den Menschen, deren Geschlechtsidentität biologisch nicht festgelegt ist; ein Fall unter rund 5.000 Geburten. Man entscheidet sich, die männliche Seite des Zwitters vorherrschen zu lassen. Anna übernimmt über Jahrzehnte die "Vaterrolle", insbesondere ist zuerst sie der Versorger der Familie. Mit 50 tauschen die Frauen die Rollen; Anna nimmt sich eine Auszeit und lernt dabei einen Architekten kennen, der sich später als Hochstapler entpuppt. Nora findet einen Partner, der sich begeistert in die ungewöhnliche Familiensituation einfügt. Das Buch endet damit, dass Sarah, die Freundin Alans, ein gesundes Baby gebiert. - Anna wird als ein Mensch dargestellt, der sich wenig um Konventionen schert. Sie ist eine sehr empathische und emotionale Person, während Nora die Dinge mehr mit kühlem Verstand angeht. Sie spüren ihr Leben lang, dass sie einander ergänzen. Und auf dieser Basis gestalten sie ihr gemeinsames Leben. Für die Autorin ist das die Konstellation, die den ungewöhnlichen Lebensentwurf erst möglich macht. Ein lesenswertes Buch, auch unter dem Aspekt, gängige Familienkonstellationen zu hinterfragen.

Pauline Lindner

Pauline Lindner

rezensiert für den Sankt Michaelsbund.

Anna der Vater

Anna der Vater

Livia Anne Richard
Schöffling & Co. (2022)

317 Seiten
fest geb.

MedienNr.: 750796
ISBN 978-3-89561-143-8
9783895611438
ca. 24,00 € Preis ohne Gewähr
Systematik: SL
Diesen Titel bei der ekz kaufen.