Union der festen Hand
Das Ruhrgebiet wirkt wie eine einzige Stadtlandschaft. Eine Charakteristik dieses bedeutendsten industriellen Ballungsraumes Europas veröffentlichte der Journalist und Schriftsteller Erik Reger bereits 1931. Wichtig war ihm die gesellschaftliche, wirtschaftliche und politische Betrachtung. Diese romanhafte Analyse wurde inzwischen mehrmals wieder aufgelegt, wurde auch verfilmt. Auf 612 Seiten schildert Reger, der sieben Jahre lang Pressereferent bei der Friedrich Krupp AG gewesen war, das Gegeneinander von Arbeiterschaft und Industriebaronen in der Zeit von 1918 bis 1928 und danach. Angelegt ist diese breite Darstellung als Schlüsselroman; so erscheint z.B. das Stahlwerk von Krupp unter dem Namen Risch-Zander, Krupps Schwiegersohn Gustav von Bohlen und Halbach ist einfach "der Freiherr". Die Großstadt Essen ist unschwer als solche zu erkennen. Regers berühmter Roman vergegenwärtigt die Revolution von 1918 und den Ruhrkampf und beschreibt, wie es zu dem Geheimbund "Union der festen Hand" kommt, mit dem die Industriekapitäne ihre Interessen durchsetzen. Dabei gestaltet der Autor fast protokollartig die Szenen und vergegenwärtigt die jeweilige Atmosphäre. Auch aktuelle Zeitungsnotizen werden eingearbeitet. Erstaunlich prägnant wird das sozialtypische Verhalten eingefangen, ohne gleich ins Klischee zu verfallen. Dieser Erzählstil und der wiederholte Wechsel des Erzählgegenstandes lockern zwar den Berichtcharakter auf, erleichtern die dicht bepackte Lektüre aber nicht. Eine gewisse Orientierung in der Fülle der dargestellten Fakten und Geschehnisse versucht ein zehnseitiger "Wegweiser" mit Stichworten zum Inhalt. Hilfreich darf das Nachwort von Andreas Rossmann genannt werden. Er zeigt darin auf, dass dieser Roman gleichsam als Röntgenapparat seiner Zeit verstanden werden kann.
Bernhard Grabmeyer
rezensiert für den Sankt Michaelsbund.
Union der festen Hand
Erik Reger
Schöffling & Co. (2022)
638 Seiten
fest geb.