Baustelle Demokratie
Was im Untertitel als aktueller Prozess erscheint, ist tatsächlich nicht mehr als eine radikale Utopie. Der Autor strebt einen "neuen Gesellschaftsvertrag" an, mit dem der Staat innovative Formen und Institutionen der politischen Beteiligung schaffen soll, damit in allen Bereichen von Staat, Wirtschaft und Gesellschaft eine demokratische Mitbestimmung verwirklicht werde. Wie eine solche Vision in die Praxis umgesetzt werden kann, bleibt, von einigen vagen Ansätzen ("Liquid Democracy" und "Social Web") abgesehen, weitgehend offen. Ausgangspunkt des Buches ist die radikale Kritik am Neoliberalismus, der nach Meinung des Autors den ungehemmten Individualismus und die Entsolidarisierung der Gesellschaft herbeigeführt habe. Dem setzt er die Idee einer demokratischen Solidargemeinschaft entgegen, die als "egalitäre Maschine" durch konsequenten Ausbau des Wohlfahrtsstaates und eine Politik des materiellen Ausgleichs alle Unterschiede nivelliert und damit erst Beteiligungsgerechtigkeit ermöglicht. Neue Herausforderungen für die Demokratie wie Finanz- und Schuldenkrise, Globalisierung oder Überalterung wie auch strukturelle Probleme (Einfluss von Eliten oder Aktivisten, Spannungsverhältnis zwischen Freiheit und Gleichheit) bleiben vollständig ausgeklammert. - Als Ergänzung zur Demokratiediskussion überall möglich.
Johann Book
rezensiert für den Borromäusverein.
Baustelle Demokratie
Serge Embacher
Ed. Körber-Stiftung (2012)
222 S.
fest geb.