Um Mitternacht
Das Gedicht "Um Mitternacht" von Eduard Mörike erzählt von der Stille der Nacht, in der die Stimmen des vergangenen Tages nachhallen. Das Gleichgewicht von Tag und Nacht wird von dieser Harmonie der nächtlichen Ruhe und den Alltagsgeschehnissen gewährleistet. Einprägsam sind die sprachlichen Bilder, die Mörike in den beiden Strophen entwirft: Die Nacht, vom Meer kommend, lehnt sich an das Gebirge und hört den Stimmen und Stimmungen des Tages zu. Der Illustrator Bender hat gleichermaßen kraftvolle Bilder erdacht: Jeder Gedichtzeile werden in harten Schwarz-Weiß-Kontrasten holzschnittartige Bilder beigefügt. Auch sie erzählen vom nächtlichen Stillstand und immerwährendem Alltagstrubel, der sich bspw. in befahrenen Stadtautobahnen oder in überfluteten Straßenszenen entlädt. Surreale, utopische Visionen, die nicht unbedingt an Mörikes Verse anschließen, sondern sie fast zu konterkarieren scheinen. Die Idee der Gegenüberstellung von romantischer Naturlyrik und neuzeitlicher Seinserfahrung ist bildkünstlerisch brillant gefasst und wird in der wunderschönen Gestaltung des Buches zum großen ästhetischen Erlebnis.
Dominique Moldehn
rezensiert für den Borromäusverein.
Um Mitternacht
Eduard Mörike. Mit Bildern von Hannes Binder
Bajazzo-Verl. (2010)
[18] Bl. : überw. Ill.
fest geb.