Ein reiches Leben

Auf den ersten Blick erzählt die norwegische Schriftstellerin Mirjam Kristensen (Jahrgang 1978) "eine ganz gewöhnliche Emigrantengeschichte". Im Mittelpunkt steht die Russin Dahlia, die als Dozentin an der Universität Kopenhagen tätig ist. Einsamkeit Ein reiches Leben und Heimweh verleugnend, führt sie ein angepasstes Leben, das an jenem Tag eine jähe Wendung erfährt, als ihr der Historiker Isak beichtet, er habe ein junges Mädchen angefahren und Fahrerflucht begangen. Als Mitwisserin wird sie von Bildern verfolgt, die sich mit der Stimme Isaks verbinden. Als sie anlässlich einer Konferenz über Holocaustliteratur nach Jerusalem eingeladen wird, verlieren die Kopenhagener Ereignisse zunächst an Brisanz. Im die Geschehnisse modifiziert wiederholenden zweiten Teil des Romans jedoch gibt sich Isak als Augenzeuge zu erkennen und weist Dahlia die alleinige Schuld zu. Erst durch ein schriftliches Geständnis gelingt es der 52-Jährigen, ihre emotionale Irritation zu überwinden und sich aus der "schwarzen Box" zu befreien. Durch die u.a. auch religiös motivierte Übernahme von Schuld weist der empfehlenswerte Roman über das einfühlsam geschilderte Emigrantenschicksal hinaus. Dass der Leser animiert wird, über schuldig bzw. nicht schuldig selbst zu entscheiden, macht die Faszination einer in dieser Frage changierenden Prosa aus. (Übers.: Ina Kronberger)

Kirsten Sturm

Kirsten Sturm

rezensiert für den Sankt Michaelsbund.

Ein reiches Leben

Ein reiches Leben

Mirjam Kristensen
Dörlemann (2011)

253 S.
fest geb.

MedienNr.: 568483
ISBN 978-3-908777-63-2
9783908777632
ca. 22,00 € Preis ohne Gewähr
Systematik: SL
Diesen Titel bei der ekz kaufen.