zweifelnd glauben
Der Autor sagt von sich selbst, er habe einen langen Weg zurückgelegt vom christlich erzogenen Kind über den Atheisten, den Skeptiker und Agnostiker bis schließlich wieder zum Christen, der sich aber dem Zweifel stellt. Kennzeichnend für diese Rückbesinnung auf die christlichen Wurzeln der eigenen Biographie ist weniger ein einzelnes 'Paulus-Erlebnis' als eine lange intellektuelle Auseinandersetzung mit der Rolle von Religion, Glaube und Kirche in einer immer stärker säkular werdenden Gesellschaft. Dabei sucht sich der Autor vornehmlich Intellektuelle wie Albert Camus oder Jürgen Habermas aus, die in ihrer Ablehnung von Religion und Glaube auch den eigenen Zweifel zulassen. Von zentraler Bedeutung war für den Autor in der Wiederannäherung an den christlichen Glauben das inzwischen berühmte Streitgespräch zwischen dem Philosophen Jürgen Habermas und dem (damals noch) Kurienkardinal Joseph Ratzinger. Dass der Autor vorher nicht gerade zu den Freunden des konservativen Theologen Ratzinger gehört hat, betont er mehrfach. Er hat sich dann aber auch immer mehr in seinen Zweifeln an einer 'gottesfernen Aufklärung' in vielen Äußerungen des Kardinals und späteren Papst Benedikt XVI. verstanden gefühlt. Sieht man von einigen, besonders in den Anfangskapiteln zu langatmig ausgeführten Abschnitten zur Rolle der Religion in der Menschheitsgeschichte ab, handelt es sich um das lesenswerte Zeugnis eines bayerischen Intellektuellen, seine katholische Herkunftsreligion "mit neuen Augen und Ohren, mit anderem Herz und Verstand" wieder neu zu sehen und zu leben. Ab mittleren Beständen durchaus interessant.
Carl Wilhelm Macke
rezensiert für den Sankt Michaelsbund.
zweifelnd glauben
Hubert Ettl
Ed. Lichtung (2016)
222 S.
fest geb.