Ewiges im Provisorium
Entspricht das ohnehin nur als Provisorium konzipierte Grundgesetz noch der Realität eines weltanschaulich neutralen Staates und wie lassen sich seine christlichen Wurzeln angesichts des Schwindens der christlichen Mehrheitsgesellschaft rechtfertigen? Der Philosoph und Blogger deckt anhand der Stichworte "Gott", "Würde", "Leben", "Freiheit", "Kirche" und "Zukunft" auf, wie das Grundgesetz sich entsprechend den gewandelten Wirklichkeiten weiterentwickeln könnte, ohne dabei seine Identität und damit auch seine Wurzeln in der christlich-abendländischen Tradition zu verlieren. Bordat entfaltet mit großer Stringenz eine Hierarchie der Grundwerte aus dem Gottesbezug, wie er sich in der Präambel des GG findet. Dabei weist er nach, dass es auch eine säkulare Lesart dieses Gottesbezuges gibt, die lediglich die Bindung an ein Gewissen einfordert, welches sich bewusst ist, dass - wie jedes menschliche Tun - auch die staatliche Gesetzgebung begrenzt ist. Weder ein Einzelner noch ein Kollektiv darf sich also absolut setzen. Erst diese Selbstbeschränkung führt dazu, Absolutes und Unverfügbares wie die Würde eines jeden Menschen oder dessen Lebensrecht zu erkennen und anzuerkennen. Leicht lesbar und im Denken nachvollziehbar gelingt diesem Buch ein Brückenschlag zwischen den Weltanschauungen und weist implizit auch Wege auf, wie Christen sich und ihre Grundüberzeugungen zum Wohle und Nutzen der pluralistisch gewordenen Gesellschaft in den Verfassungsdiskurs einbringen können.
Richard Niedermeier
rezensiert für den Sankt Michaelsbund.
Ewiges im Provisorium
Josef Bordat
Lepanto-Verl. (2019)
211 S.
kt.