Babylon

Kurz vor ihrem 60. Geburtstag freundet sich die etwas frustrierte Elisabeth mit ihrem verheirateten Nachbarn Jean-Lino an. Sie gehen gemeinsam zum Pferderennen, besuchen ein Jazzkonzert von Jean-Linos Frau, halten aber ansonsten Distanz. Dramatisch Babylon wird es, als Elisabeth und ihr Ehemann Pierre ein Abendessen, zu dem auch Jean-Lino und dessen Frau Lydie eingeladen sind, besuchen. Die Party plätschert vor sich hin, bis Jean-Lino beginnt, die Art seiner Frau nachzuäffen und sie damit bloßzustellen. Als das Ehepaar die Party schweigend verlässt, denkt niemand an ein Verbrechen. Und doch klingelt mitten in der Nacht Jean-Lino bei Elisabeth und erklärt, er habe seine Frau erwürgt. Das Hörbuch scheint auf den ersten Blick ein Thriller, dessen Nährboden aus dem normalen Wahnsinn des bürgerlichen Lebens besteht. Nur nebenbei blitzen die Angst vor der Einsamkeit, dem Älterwerden, der Frage "Was bleibt am Ende übrig" auf. Maren Kroymann verleiht der Ich-Erzählerin eine sehr gute, glaubhafte Sprache. Sie trifft die Pointen, klingt ironisch, süffisant und erschreckend naiv. Sie trifft den melancholischen Unterton, der sich in den Erinnerungen Elisabeths einschleicht. In diesen Erinnerungen berichtet die Erzählerin von ihrer Kindheit, ihrer Verlorenheit, gefühlter Einsamkeit, von ihren jüdischen Wurzeln. Das Hörbuch erfordert aufmerksame Zuhörer, es braucht Zeit, die vielen Facetten zu erschließen, ist keine schnelle Kost. Für interessierte und aufgeschlossene Hörer sehr zu empfehlen. Für Büchereien mit etwas größerem Bestand geeignet.

Leoni Heister

Leoni Heister

rezensiert für den Borromäusverein.

Babylon

Babylon

Yasmina Reza. Gelesen von Maren Kroymann
Hörbuch Hamburg (2017)

5 CD (ca. 318 Min.)
CD

MedienNr.: 591408
ISBN 978-3-95713-092-1
9783957130921
ca. 13,00 € Preis ohne Gewähr
Systematik: SL
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