Phantome
2015, 1992, 2015. Wien, Tuzla, Srebrenica, Wien, Banja Luka, Wien. Der namenlose Ich-Erzähler reist mit seiner Freundin Sara nach Bosnien. Deren Mutter Anisa, Bosniakin, musste als Jugendliche unter dramatischen Umständen aus ihrem bosnischen Heimatdorf fliehen. Dabei verlor sie ihren Vater, der seitdem als vermisst gilt. Vor dem Krieg war Anisa mit Jovan, einem bosnischen Serben, liiert. Robert Prosser erzählt vom Jugoslawienkrieg, von den Aus- und Nachwirkungen unfassbarer Geschehnisse, von Familien, Paar- und Einzelschicksalen. Was bedeuten Krieg, Flucht und Vertreibung für Menschen und ihren Lebensweg, ihre Beziehungen, ihren Blick auf ihr Gegenüber? Dass nicht nur die unmittelbare Generation davon betroffen ist, macht er anhand unterschiedlicher Zeitebenen eindringlich deutlich. "Erwähn' nicht den Krieg, der ist vorbei, bedeutungslos", mag ein nachvollziehbarer Wunsch sein, Prosser führt jedoch deutlich vor Augen, dass dies nach dem Balkankrieg nicht möglich ist. - Eine herausragende und vielschichtige literarische Auseinandersetzung mit den Kriegsverbrechen in Bosnien. Unbedingt empfehlenswert. (Nominiert für den Deutschen Buchpreis 2017)
Anna Winkler-Benders
rezensiert für den Borromäusverein.
Phantome
Robert Prosser
Ullstein fünf (2017)
332 S. : Ill.
fest geb.