Im Auge des Zyklons
1939 beginnt in Europa der Krieg und die Beben sind auch im weit entfernten Australien spürbar. Der junge Robert Wells lebt in Melbourne und steht mit seiner Familie und seinen Freunden für die unterschiedlichen politischen Positionen innerhalb des Landes, die sich im verbalen Schlagabtausch offenbaren. Sie zeigen exemplarisch, was für die ganze Gesellschaft gilt: es gibt die, die von der Kriegswirtschaft profitieren; andere, die für deren Opfer, die jüdischen Immigranten und gegen den auch in Australien grassierenden Antisemitismus kämpfen und wieder andere, die bereit sind, selbst in den Krieg zu ziehen. Sie alle müssen Position beziehen, denn Australien steht vor einem Kriegseintritt an der Seite der Alliierten. Mutard schafft es in seinem Comic, ein differenziertes Bild der australischen Bevölkerung zu Beginn des Zweiten Weltkrieges zu zeichnen. Lange Textpassagen in den Sprechblasen sind keine Seltenheit. Bei Kriegs- und Militärdarstellungen allerdings lässt Mutard durch weitestgehenden Verzicht auf Text vor allem die Bilder sprechen. Er erzählt Geschichte und wirft die immer noch aktuellen Fragen nach Mut, Toleranz und nationaler Identität auf - keine leichte, aber für Geschichtsinteressierte lohnenswerte Lektüre.
Isabel Helmerichs
rezensiert für den Borromäusverein.
Im Auge des Zyklons
Bruce Mutard ; übersetzt aus dem australischen Englisch von Benjamin Mildner
avant-verlag (2021)
286 Seiten
fest geb.