Celestia
"Celestia", das ehemalige Venedig, wird von Menschen bewohnt, die sich vor einer Naturkatastrophe und einem diktatorischen Regime retten konnten. Darunter sind kriminelle Banden, aber auch Telepathen, die ihre Fähigkeit zur Hilfe für andere in Not Geratene nutzen. Ein junges Paar, Dora und Pierrot, verlässt die Insel, um zu erkunden, welche Lebensbedingungen auf dem Festland herrschen. Sie machen eine überraschende und hoffnungsvolle Entdeckung. Die gotische Stadtkulisse Venedigs bildet eine attraktive Rahmung für diese dystopische Graphic Novel. Die actionreichen Fluchtszenen durch die Gassen und Kanäle lassen die Leser/-innen eintauchen in eine geheimnisumwitterte Welt, deren (neue) Regularien und Strukturen bis zuletzt kaum zu entschlüsseln sind. So fesselt weniger die mysteriöse und etwas verworrene Science-Fiction-Story als die effektvollen Bilder und ihre Kompositionen. Die Technik des Aquarells sorgt für eine diffuse Atmosphäre zwischen Realität und Fiktion; gleichzeitig gelingen punktgenaue Charakterstudien der Figuren. Meisterhaft werden die Panels aneinander- und gegeneinandergesetzt, um für weiche Übergänge oder harte Schnitte zu sorgen - filmische Mittel, die das Betrachten tatsächlich als Kino-Ereignis erscheinen lassen. Dass in einer zerbrechenden Welt die persönlichen, ja intimen Verbindungen für die Bewahrung von Menschlichkeit sorgen, mag ein tröstliches Fazit bedeuten.
Dominique Moldehn
rezensiert für den Borromäusverein.
Celestia
Manuele Fior ; aus dem Italienischen von Myriam Alfano
avant-verlag (2021)
269 Seiten : farbig
fest geb.