Rampokan
Die Gesamtausgabe dieser bereits vor rund 20 Jahren erschienenen zweibändigen Graphic Novel führt den Lesenden nach Indonesien in die Jahre kurz nach dem Zweiten Weltkrieg. Nachdem die Japaner von den Briten aus der ertragreichen niederländischen Kolonie vertrieben worden sind, haben einheimische Kräfte die Unabhängigkeit erklärt. Doch die Niederländer versuchen, die alte koloniale Ordnung wiederherzustellen. Dazu entsenden sie Truppen in das von Freiheitskämpfen erschütterte Land, denen sich auch der Protagonist dieser Erzählung, Johan Knevel, angeschlossen hat. Der Sohn eines früh verstorbenen Kolonialbeamten möchte nach seinem verschollenen Kindermädchen suchen. Doch dabei verstrickt er sich mehr und mehr in Schwarzhandel und amouröse Abenteuer zwischen der Kolonialmacht, kollaborierenden Kräften und der sich zunehmend ablehnend und feindselig verhaltenden Bevölkerung und wechselt schließlich als Deserteur seine Identität. "Rampokan" – der Tiger ist los, das titelgebende Wort steht für einen traditionellen indonesischen Ritualkampf gegen das Raubtier. Gelingt es dem Tiger dabei zu entkommen, brechen Gewalt und Chaos aus; genauso wie sich die Lage für die Akteure der Erzählung darstellt. In der im Stil der Ligne Claire gezeichneten Graphic Novel werden der real wirkenden fiktionalen Handlung immer wieder Szenen aus dem Tigerkampf zur Seite gestellt. Peter van Dongen hat so eine in sich geschlossene, spannende und erzählerisch durchaus anspruchsvolle Graphic Novel geschaffen, die eine weite Verbreitung in den Belletristikbeständen der KÖBs verdient hat.
Siegfried Schmidt
rezensiert für den Borromäusverein.
Rampokan
Peter van Dongen ; Übersetzung aus dem Niederländischen: Jan Kruse
avant-verlag (2023)
158 Seiten : farbig
fest geb.