Nord Sentinelle
Alexandre Romani tötet aus zunächst unerfindlichen Gründen in einer korsischen Hafenstadt den Studenten Alban. Ferrari erzählt uns in der Gestalt des Lehrers, der alle und alles kennt, Vorgeschichte und Hintergründe der düsteren, geradezu fluchbeladenen
Familientragödie der Romanis. In verschiedenen Generationen bricht sich immer wieder die Gewalt Bahn. So gibt es in den 30er Jahren des 20. Jh. einen Mann, der von einer Journalistin zum Banditen stilisiert wird, und der sich gezwungen sieht, diesem Image nachzukommen. Der Aufstieg der Familie Romani, der unwirtliche Strandabschnitte gehören, die allmählich zum Mittelpunkt des aufkommenden Tourismus werden und zu Reichtum führen, kann eine gewisse Dekadenz und Überheblichkeit nicht verhindern. Eng damit verbunden geht es um Fluch und Segen des Tourismus, der sich in vielen Gegenden zum Over-Tourism gewandelt hat. Kritisch-komisch beschreibt Ferrari etwa den Touristenzug mit viersprachiger Erklärung, der langsam an den Gebäuden vorüberzuckelt. – Absolut lesenswert. Allen Büchereien gerne empfohlen.
Wilfried Funke
rezensiert für den Sankt Michaelsbund.

Nord Sentinelle
Jérôme Ferrari ; aus dem Französischen übersetzt von Christian Ruzicska
Secession Verlag (2025)
138 Seiten
fest geb.