Die Fremde
Es ist ein leises, zeitloses Buch voller liebevoller Erinnerungen! Die naturverbundene Erzählerin beschreibt kurz vor ihrem Tod in zehn Briefen an ihre Enkelin, die in Amerika lebt, ihre Jugend, damals in der schottischen Heimat. Das große einschneidende Erlebnis zu dieser Zeit war der Bau einer Staumauer und die Flutung des Dorfes ihrer Kindheit. Die Bewohner verstreuten sich über die ganze Welt. Eine seltsame Wende ereignete sich 25 Jahre später: Der Staudamm musste wegen einer notwendigen Reparatur abgelassen werden und das alte Dorf ersteht für kurze Zeit wieder aus den Fluten. In ihren anschaulichen, aber nie indiskreten Briefen, die der Enkelin nach ihrem Tod ausgehändigt wurden, beschreibt die Großmutter ihre Eindrücke und Erinnerungen und denkt nach über Vertreibung, Entwurzelung und den Wert der Heimat. In diesen sehr persönlichen, nachdenklichen und manchmal recht philosophischen Betrachtungen und den Gesprächen mit Freunden aus dieser Zeit liegt der Wert dieses Buches, für dessen Lektüre man sich etwas Zeit nehmen sollte. Es ist nichts für "Schnellleser" und es bietet auch nicht viel historisch Interessantes. Darum geht es hier auch gar nicht. Aber wer es aufmerksam und ausdauernd liest, wird sich bereichert fühlen.
Armin Jetter
rezensiert für den Sankt Michaelsbund.
Die Fremde
Gerhard Streminger
Braumüller (2016)
240 S.
fest geb.