Die Verteidigung des Paradieses
Thomas von Steinaeckers Roman gewinnt dem auch von Reinhard Jirgl, Thomas Glavinic und Dietmar Dath beackerten Thema "Last man on earth" eine neue Note ab. Es ist die Sprache, die einen durch das Buch trägt: ein Mix aus Jugendjargon, digitalem Begriffszauber und dem mash-up-Stil von Abenteuer-, Zombie- und Zukunftsromanen. Ein fünfzehnjähriger Junge, Heinz, zeichnet das Schicksal einer kleinen Gruppe auf, die nach einem apokalyptischen Ereignis eine faule Idylle in der Schweiz behaust. Eine Klimakatastrophe zwingt sie zur Flucht durch Europa (die mit überraschenden aktuellen Bezügen beschrieben wird). Ziel ist ein "Großes Lager" in Frankreich. Der Roman erzählt von dem Überleben einer exemplarischen Gemeinschaft und führt zu existentiellen wie religiösen Fragen: Was ist der Mensch, und was eigentlich lässt ihn Mensch sein und Mensch bleiben in einer menschenfeindlichen Umgebung? Es ist der Bezug auf etwas Höheres, einen "Lord", die Erinnerung an die biblischen, mythologischen und literarischen Quellen des Menschengeschlechts. Mit bizarren Einfällen, religiös musikalischen Verweisen und großer Spannung erzählt Thomas von Steinaecker von der erschreckenden Zukunft von Verteidigung und Vertreibung aus dem Paradies. Sehr empfehlenswert. Auf der Longlist für den Deutschen Buchpreis 2016.
Michael Braun
rezensiert für den Borromäusverein.
Die Verteidigung des Paradieses
Thomas von Steinaecker
Fischer (2016)
408 S.
fest geb.