Nicht wie ihr
Ivo ist ein stinkreicher, arroganter Profifußballer, der 100.000 Euro in der Woche verdient. Und er hat eine Frau und zwei Kinder, die er liebt. Er lebt in London und spielt in der Premier League in Wien. Als er dort zufällig seinem Jugendschwarm
Mirna über den Weg läuft, ist er wie vom Blitz getroffen. Als Bosnier bekommt er den österreichischen Alltagsrassismus immer dann zu spüren, wenn das Spiel einmal nicht so gut gelaufen ist. Aber an Wien liebt er "diese geile Arroganz", die die Stadt davor rettet, "zu werden wie der Rest der Welt, wie Deutschland" (S. 32). So sieht er auch sich selbst, als Außenseiter, der nur er selbst sein will und nicht Teil einer Institution. Vor einem Jahr war Ivo ganz oben, jetzt steht er am Rand eines Burnouts. Als ihn ein eingeklemmter Nerv zum Stillstand zwingt, kommt er ins Grübeln, über gesellschaftspolitische Fragen und über die eigene Krise. – Tonio Schachingers Debütroman hat es aus dem Stand auf die Shortlist des Deutschen Buchpreises geschafft. Sein Protagonist erfüllt alle Klischees eines Profifußballers – und die des auf alles wortgewaltig eindreschenden Wieners. Wenn man sich auf die humorvolle Rollenprosa dieses überheblichen Narzissten mit Wiener Slang einlässt ("oida!"), nimmt man bald auch Anteil an einer grandiosen Entwicklung. – Gerne empfohlen, nicht nur für Fußballfans. (Nominiert für den Deutschen Buchpreis)
Karin Blank
rezensiert für den Borromäusverein.

Nicht wie ihr
Tonio Schachinger
Kremayr & Scheriau (2019)
302 Seiten
fest geb.