Echtzeitalter

Wie ergeht es einem Jugendlichen aus einer durchschnittlichen Familie an der privaten Wiener Eliteschule Marianum? Diejenigen, die später Anwälte, Ärzte oder Wirtschaftsbosse werden, finden sie im Nachhinein noch cool – der Romanheld Till allerdings Echtzeitalter meint im Schlusssatz des Romans: "Es war die Hölle", trotz schönbrunngelber Fassade, prunkvollen Räumen und einem riesigen Park. Besonders der Klassenlehrer Dolinar ist ein gefürchteter Despot, seine Pädagogik besteht aus Drill, Strafen, Angstmacherei, Demütigungen und Schikanen. Seine Unterrichtslektüre in Deutsch besteht nur aus Reclam-Heften und niemals aus Literatur des 20. Jh. Diese Schule ist nichts für Till, er strauchelt in jedem Schuljahr. Er flüchtet und beschäftigt sich parallel mit dem Strategiespiel "Age of Empires 2". Bald zählt der 15-Jährige zu den besten Gamern weltweit. Seine Freundin Feli "rächt" sich an der Schule, indem sie sehr erfolgreich kritische Geschichten über das "Marianum" veröffentlicht. – An Tonio Schachingers Roman ist zu erkennen, wie vermeintliche Teenager-Eliteschüler in die moderne Gesellschaft hineinsozialisiert werden. Schachinger hat selbst eine solche Schule erlebt (und erlitten?), die ihm als Vorbild für das fiktive "Marianum" diente. "Echtzeitalter" ist literarisch und inhaltlich hervorragend. Ausgezeichnet mit dem Deutschen Buchpreis 2023.

Berthold Schäffner

Berthold Schäffner

rezensiert für den Borromäusverein.

Echtzeitalter

Echtzeitalter

Tonio Schachinger
Rowohlt (2023)

364 Seiten
fest geb.

MedienNr.: 614861
ISBN 978-3-498-00317-3
9783498003173
ca. 24,00 € Preis ohne Gewähr
Systematik: SL
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