Schwarzer Stern
Die junge Martinikanerin Sidonie wird als Hausangestellte einer jüdischen Familie zusammen mit ihren Kindern verhaftet und in ein KZ deportiert. Die Kinder werden von ihr getrennt, und ihr bleibt nur die Hoffnung, dass wenigstens ihr kleiner Sohn überlebt. Im KZ gelingt es ihr, heimlich ihre Erlebnisse in ein kleines Notizbuch zu schreiben und Freundschaften zu schließen. Sidonie entdeckt, dass "eine Erinnerung, ein kleiner Vers dabei helfen können, dass man am schmutzigsten Ort der Welt nicht aus Scham, Kummer und Verzweiflung stirbt". Die Erinnerung an ihre kreolische Heimat, an den Karneval, lässt sie stark sein. Alles, was sie besitzt, ist Liebe. Sie bewahrt "einen Rest von Paradies inmitten einer Hölle". Agenor, der "Gott aller Schwarzen", der ihr ihre "spirituelle Nahrung gibt", lässt in ihrer Erinnerung die Zeit der Sklaverei wiedererstehen. "Was kann mir noch passieren, das meinen Leuten nicht schon vor Jahrhunderten zugestoßen ist?" Es gibt nur wenige Quellen über die Deportation von Farbigen in Hitlers Konzentrationslager. Daher hat sich die Autorin entschlossen, einen fiktionalen Text zu schreiben, um an die Verfolgung und Vernichtung von "Schwarzen" zu erinnern, wobei sie jahrelang Hintergrundinformationen gesammelt hat. Das Buch wurde schon 1990 publiziert und liegt nun in einer Neuausgabe vor. Ein erschütternder, aber auch poetischer Bericht über Hunger, Ungeziefer, Schläge, medizinische Experimente, Zwangsarbeit. Der Wechsel zwischen den Beschreibungen des Grauens der Qualen im Lager einerseits und dem Vergleich mit dem Leben der Sklaven und den Erinnerungen an das Leben auf den Antillen andererseits ziehen die Leser/innen in Bann. Ein wichtiges Buch!
Ileana Beckmann
rezensiert für den Borromäusverein.
Schwarzer Stern
Michèle Maillet ; aus dem Französischen von Bettina Schäfer
Unionsverlag (2021)
Unionsverlag Taschenbuch ; 903
222 Seiten
kt.