Ferne Gestade

Anfang der 90er Jahre beantragt ein 65-jähriger Mann aus Sansibar Asyl in England. Er gibt vor, kein Englisch zu sprechen. Der Literaturprofessor Latif Mahmud wird gebeten, zu dolmetschen. Als er den Namen des Geflüchteten erfährt, Rajab Shaaban Ferne Gestade Mahmud, ist er wie vor den Kopf gestoßen. Dies ist der Name seines verstorbenen Vaters. Er vermutet, dass es sich bei dem Mann um Saleh Omar handelt. Das Schicksal ihrer Familien ist unheilvoll ineinander verstrickt. In der Erinnerung des Professors hat sich der Kaufmann Omar das Haus von Latifs Vater unrechtmäßig angeeignet. Latif sucht Omar auf, um über das Leid zu sprechen, das dieser über seine Familie gebracht hat. Omars Version der Geschichte ist jedoch eine andere. Seine Familie hat für das Haus gebürgt. Die zweite Frau seines eigenen Vaters hat es ihm übereignet. Nach ihrem Tod klagt ihn Latifs Familie an, woraufhin er viele Jahre unter schrecklichen Bedingungen in unterschiedlichen Gefängnissen verbringen muss. - Gurnah erzählt ausschweifend, flicht Motive aus 1001er Nacht ein und greift immer wieder auf Melvilles Erzählung „Bartleby der Schreiber“ zurück. Er kreist um die Frage, wie verlässlich die Erinnerung für das Narrativ unseres Lebens ist. Der bereits 1994 erschienene Roman des Literaturnobelpreisträgers wurde erst jetzt von Thomas Brückner ins Deutsche übersetzt. Lesenswert!

Susanne Emschermann

Susanne Emschermann

rezensiert für den Borromäusverein.

Ferne Gestade

Ferne Gestade

Abdulrazak Gurnah ; aus dem Englischen von Thomas Brückner
Penguin Verlag (2022)

412 Seiten
fest geb.

MedienNr.: 609324
ISBN 978-3-328-60260-6
9783328602606
ca. 26,00 € Preis ohne Gewähr
Systematik: SL
Diesen Titel bei der ekz kaufen.