Phlox

Richard Sparka fährt mit seiner Familie ein letztes Mal in das Urlaubsparadies seiner Kindheit nach Schmogrow im Oderbruch. Dort, im Haus der Eheleute Tatziet, das nach deren Tod abgerissen werden soll, verbrachte Richard mit seinen Eltern regelmäßig Phlox die Sommerferien und traf Freunde und Verwandte. Der Aufenthalt in Schmogrow sorgt für eine unglaubliche Zahl an Anekdoten aus diesen Feriensommern. Dieser stete Fluss an Erinnerungen wechselt nahtlos – von einem Satz auf den anderen – in die erzählte Gegenwart, die dem Erzähler Anlass zu kulturkritischen Kommentaren gibt, z.B. zu modernen Sichtschutzzäunen. Dass es im Leben der immer freundlichen Gastgeber auch dunkle Schatten gab, die Haltung zum Dritten Reich z.B, aber auch die Gräuel der unmittelbaren Nachkriegszeit unter russischer Besatzung, wird nicht ausgespart. Der Schlüssel zum Roman ist die Studie über Schönheit, an der Sparka seit einiger Zeit arbeitet, und die Frage, wieso diese Sommerferien Jahr für Jahr eine glückliche Zeit für ihn waren. Deshalb sind Details wichtig, Gerüche und Geschmäcker, der Garten und viele Gegenstände im Haus werden in allen Einzelheiten beschrieben. Dieser Garten und gerade der Phlox darin trugen zum einzigartigen „Schmogrow-Gefühl“ bei. Das ist schön, auch sprachlich ein Genuss – und doch irgendwann auch langweilig. Auch ist der Erzähler nicht unbedingt eine sympathische Figur. Seine Familie ist ihm lästig, am liebsten wäre es ihm wohl, wenn sie nur Kulisse wäre und er nicht beteiligt sein müsste. Die Auseinandersetzungen mit seiner Frau klingen wie aus Ratgebern abgeschrieben, verdichtet und zugespitzt; man schwankt zwischen Lachen und entnervtem Überblättern. Alles in allem hinterlässt der Roman, der immerhin für den Deutschen Buchpreis nominiert war, einen zwiespältigen Eindruck.

Christoph Holzapfel

Christoph Holzapfel

rezensiert für den Borromäusverein.

Phlox

Phlox

Jochen Schmidt
C.H.Beck (2022)

479 Seiten
fest geb.

MedienNr.: 612431
ISBN 978-3-406-79308-0
9783406793080
ca. 25,00 € Preis ohne Gewähr
Systematik: SL
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