Lieber Jakob
Begonnen im Oktober 2007, als Brief an seinen damals fünfjährigen Sohn, schreibt der Journalist und Schriftsteller über die Krebserkrankung seiner Frau Gabi. Er will die Geschehnisse, aber vor allem die Gefühle, Gedanken, die mit der Krankheit in die kleine Familie einbrechen, für Jakob festhalten, der noch zu klein ist, um die Geschichte zu erfassen, die so großen Raum im Leben der Familie einnimmt. Nach und nach entsteht so ein intimes und offenes Tagebuch einer Familie, die mit den Phasen der Krankheit schwankt zwischen Normalität und Ungewöhnlichkeit. Und ein Porträt einer großen Liebe sowie einer Frau mit einem unbändigen Willen zu leben. Gerade weil Hecht keinem anderen Drehbuch folgt als dem Leben und schließlich dem Sterben selbst, weil er nicht nur von äußeren Umständen, sondern auch ungeschminkt von Gefühlen, von Hoffnung und Verzweiflung schreibt, die sich in ihrem Auf und Ab oftmals wiederholen, zieht er den Leser sehr stark in Bann. So sehr, dass es zeitweise schwerfällt, die quälende Ungewissheit mitzutragen und weiter zu lesen. Und doch, bei aller Trauer und Momenten grenzenloser Wut und Angst, vermittelt das Buch Hoffnung sowie die Zuversicht, dass "am Ende alles gut wird", wie Hecht schreibt. Nicht in dieser Welt, nicht in diesem Leben, aber in einem tiefen Sinn, im Glauben an ein "Wiedersehen irgendwann." Ohne es irgendwo explizit auszusprechen, hat der Autor damit auch ein zutiefst religiöses Buch geschrieben, ein Überlebensbuch für alle, die um einen lieben Menschen trauern. - Sehr zu empfehlen.
Traudl Baumeister
rezensiert für den Borromäusverein.
Lieber Jakob
Martin Hecht
Dt. Verl.-Anst. (2010)
317 S.
fest geb.